Der OGH hat in einer Entscheidung festgelegt, dass bei der Berechnung der Pflichtteilsansprüche der übrigen Pflichtteilsberechtigten nur der (halbe) Übernahmspreis, den der pflichtteilsberechtigte Wohnungseigentumspartner des Erblassers mit dringendem Wohnbedarf an die Verlassenschaft zahlen muss, berücksichtigt werden darf. Der gesamte Wert des Anteils des Erblassers, der dem Eigentümerpartner zufällt, ist dabei nicht relevant.
Im konkreten Fall war der 2021 verstorbene Erblasser zusammen mit seiner dringend wohnbedürftigen Ehefrau Miteigentümer einer Eigentumswohnung. Die Tochter des Verstorbenen verlangte von der Witwe die Zahlung ihres Pflichtteils auf Basis des Werts des der Witwe gemäß § 14 Abs 1 WEG angewachsenen Anteils des Erblassers am Mindestanteil, was dem halben Verkehrswert des gesamten Mindestanteils entsprach. Das Erstgericht gab der Klage statt, jedoch gab das Berufungsgericht der Berufung nur teilweise folge, indem es festlegte, dass die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteilsanspruch der Tochter lediglich der von der Witwe zu leistende (halbe) Übernahmspreis (somit der Viertel des Verkehrswerts des gesamten Mindestanteils) sei.
Handelt es sich beim Eigentümerpartner um einen Pflichtteilsberechtigten, der ein dringendes Wohnbedürfnis hat, entfällt die Pflicht zur Zahlung eines Übernahmspreises zur Gänze (§ 14 Abs 3 Satz 1 WEG). Bei weiteren Pflichtteilsberechtigten ist jedoch ein Viertel des Werts des Mindestanteils (halber Übernahmspreis) an den Nachlass zu leisten. Der Pflichtteil der Tochter wird vom reinen Nachlass berechnet, der lediglich den halben Übernahmspreis umfasst. Eine Einbeziehung des Werts des „übernahmspreisfreien“ Viertels des Mindestanteils ist aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen nicht zulässig.
OGH | 16.10.2024