Schenkungen im Erbrecht
Die Schenkung zu Lebzeiten ist ein beliebtes Mittel der Vermögensweitergabe, gerade im Familienverbund. Doch was viele nicht wissen: Schenkungen können nach dem Tod des Geschenkgebers erhebliche Auswirkungen auf Pflichtteilsansprüche haben – insbesondere dann, wenn sie in den letzten Lebensjahren erfolgt sind. Als Rechtsanwalt mit dem Fokus auf Erbrecht in 1090 Wien berate ich regelmäßig Mandanten zur Anrechnung von Schenkungen und zur rechtssicheren Nachlassplanung.
Keine Unterscheidung mehr zwischen Vorempfängen und Vorschüssen
Seit der Erbrechtsreform 2017 unterscheidet das österreichische Recht nicht mehr zwischen Vorempfängen und Vorschüssen. Alle Schenkungen sind daher unter einheitlichen Regeln zu beurteilen – mit teilweise weitreichenden Folgen für Pflichtteilsberechtigte, aber auch für nicht pflichtteilsberechtigte Geschenknehmer.
Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen
Wurde eine Schenkung an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person vorgenommen, haben pflichteilsberechtigte Kinder oder Ehegatten das Recht, eine Anrechnung auf die Verlassenschaft zu verlangen – allerdings nur unter folgenden Bedingungen:
- Die Schenkung erfolgte innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Ableben des Erblassers.
- Zum Zeitpunkt der Schenkung bestand bereits ein pflichtteilsberechtigtes Kind oder der Beschenkte war mit dem Erblasser verheiratet oder in einer eingetragenen Partnerschaft.
In solchen Fällen wird die Schenkung fiktiv zur Verlassenschaft hinzugerechnet, um daraus den Pflichtteilsanspruch neu zu berechnen – auch wenn das Geschenk nicht mehr vorhanden ist. Man spricht hier von der sogenannten „erhöhten Verlassenschaft“.
Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen
Wird eine Schenkung an eine pflichtteilsberechtigte Person gemacht – etwa an ein Kind oder den Ehepartner –, gelten eigene Anrechnungsregeln:
- Die Schenkung kann auf den Pflichtteil des Beschenkten angerechnet werden, sofern dies vom Erblasser gewünscht wurde.
- Diese Anrechnung kann entweder bei der Schenkung selbst vereinbart oder später – z. B. in einem Testament – angeordnet werden.
- Auch andere pflichtteilsberechtigte Personen können verlangen, dass die Schenkung angerechnet wird, um den Pflichtteilsausgleich herzustellen.
- Ein Vermächtnisnehmer, der zur Pflichtteilsdeckung beitragspflichtig wäre, hat ebenfalls ein Anrechnungsrecht.
Das Ziel dieser Regelung ist ein gerechter Ausgleich innerhalb der Pflichtteilsberechtigten. Dabei gilt: Schenkungen an ein Kind können den Pflichtteil eines anderen Kindes verringern, wenn keine ausdrückliche Freistellung von der Anrechnung vorliegt.
Schenkungen und Nachlassplanung: Typische Stolpersteine
Viele Erblasser wissen nicht, dass Schenkungen zu Lebzeiten auch Jahre später zu rechtlichen Konflikten führen können. Besonders häufig treten Probleme auf, wenn:
- nicht eindeutig geklärt wurde, ob eine Anrechnung gewünscht ist,
- ein Beschenkter später die Verlassenschaft auffüllen muss, weil sie nicht zur Deckung der Pflichtteile reicht,
- oder wenn Erben und Pflichtteilsberechtigte unterschiedliche Auffassungen über den Wert oder die Bedeutung einer Schenkung haben.
Gerade deshalb ist eine sorgfältige rechtliche Gestaltung unerlässlich – sei es durch klare Schenkungsverträge, Testamente oder Pflichtteilsverzichte.
Haftung des Geschenknehmers
Ein oft übersehener Aspekt: Wenn die vorhandene Verlassenschaft nicht ausreicht, um den Pflichtteil zu erfüllen, kann die pflichtteilsberechtigte Person verlangen, dass der Geschenknehmer oder Vermächtnisnehmer den fehlenden Betrag ausgleicht. Das bedeutet eine potenzielle Haftung für den Geschenknehmer – und zwar nicht nur moralisch, sondern rechtlich bindend.
Fazit: Schenkungen können Pflichtteile beeinflussen – professionelle Beratung schützt
Ob an pflichtteilsberechtigte oder nicht pflichtteilsberechtigte Personen: Schenkungen zu Lebzeiten sind ein sensibles Thema im Erbrecht. Sie können den Pflichtteil beeinflussen, zu Haftungsansprüchen führen und sogar gerichtliche Auseinandersetzungen auslösen.
Als Rechtsanwalt für Erbrecht in Wien berate ich Sie gerne zu:
- den rechtlichen Folgen von Schenkungen,
- der Gestaltung von Schenkungsverträgen,
- der Anrechnung oder Freistellung von Zuwendungen,
- sowie der Absicherung Ihrer Erben und Vermögenswerte.
Tipp: Klare vertragliche Regelungen und rechtzeitige Nachlassplanung sind der beste Schutz vor Streitigkeiten im Erbfall.
Als Rechtsanwalt mit Fokus auf Erbrecht in 1090 Wien berate ich Sie gerne persönlich in meiner Kanzlei, diskret und verständlich bei der rechtssicheren Nachlassplanung, bei der Testamentsgestaltung und bei der Übertragung von Immobilien.